Ticketing-Pionier George Egloff im Eventtalk
George Egloff, du gehörst zu den Urgesteinen der Schweizer Eventbranche, was hat dich ins Eventbusiness geführt?
George Egloff: Nach meiner Ausbildung zum Kaufmann arbeitete ich als Journalist beim Jugendmagazin «Pop Rocky», wo ich mit vielen Künstlern und Schallplattenfirmen in Berührung kam. Dabei lernte ich auch Steve Thomson kennen, welcher zu dieser Zeit zu den angesagtesten Rockmusikern der Schweiz gehörte. Nach meiner Aktivzeit als Journalist übernahm ich für einige Zeit sein Künstler-Management. Später wechselte ich vom Musikbusiness ins Marketing und organisierte während mehreren Jahren die Jungendmarketing Aktivitäten der Schweizerischen Volksbank.
Und dann hast du den Ticketcorner gegründet.
Nicht ganz. Der Ticketcorner wurde ja bereits 1987 als Marketinginstrument des Schweizerischen Bankvereins lanciert. Ich hatte einige Jahre später im Auftrag der Schweizerischen Kreditanstalt, von IBM und Merkur Valora, die Fastbox Ticketservice AG gegründet, weil die SKA im wachsenden Ticketmarkt nicht abseits stehen wollte. 1999, nach einigen Banken-Fusionen und Besitzerwechseln kam es, dass Ticketcorner und Fastbox gemeinsam unter dem Dach der neuen UBS landeten. Dies wiederum führte in der Folge dazu, dass wir als Fastbox Ticketservice AG die Geschäfte des Ticketcorners übernehmen- und unsere Firma in «Ticketcorner» umbenennen konnten.
Was bedeutete dies für dich?
Da der neue Ticketcorner operativ vor allem aus Fastbox Leuten bestand, war naheliegend, dass ich auch unter der neuen Marke die Geschäftsführung behalten konnte. Unter dem Strich änderte sich also für unser Alltagsgeschäft durch den Zusammenschluss und die neuen Firmenbezeichnung relativ wenig.
Insgesamt warst du rund 20 Jahre Geschäftsführer von Fastbox Ticketservice bzw. Ticketcorner. Was sich in dieser Zeit mehrmals geändert hatte, war die Eigentümerschaft. Wie war das für dich, über die Jahre immer wieder neuen Besitzern Rechenschaft ablegen zu müssen?
Nun, als uns die UBS an Kudelski verkauft hatte, änderte sich für unser Tagesgeschäft wenig und auch als wir danach an eine Private Equity Firma mit verschiedenen privaten Investoren weiterveräussert wurden, konnten wir unsere Wachstums-Strategie relativ ungestört weiterverfolgen. Die Investoren hielten sich im Hintergrund und beschränkten sich auf Renditeziele, ansonsten liessen sie uns weitgehend freie Hand. Dies änderte sich, als wir von CTS Eventim aufgekauft wurden. Mit Eventim hatten wir plötzlich einen Besitzer, welcher Ticketing selbst als Kerngeschäft betrachtete und daran interessiert war, unsere Geschäfts-Strategie so eng wie möglich an die eigene Ausrichtung zu binden. Für uns als Ticketcorner bedeutete dies, dass wir diverse Pläne und Strategien praktisch über Nacht begraben mussten.
Was dich irgendwann dazuführte, eine Neuorientierung ins Auge zu fassen...
Als CTS Eventim uns übernahm, war ich rund 20 Jahre im Geschäft. Von daher kann mein Abschied sicher unter normaler Fluktuation abgehandelt werden.
Wie ging es für dich weiter, nachdem du den Ticketcorner verlassen hast?
Nach meinem Abschied bei Ticketcorner hatte ich zweieinhalb Jahre Konkurrenzverbot. Anfänglich hatte ich keinen Plan, was ich machen sollte. Irgendwann kam ein alter Kunde auf mich zu, mit der Idee, einen Event im Stil von «Arène d’Avenches» auch in Zürich aufzuziehen. Ich fand den Gedanken spannend und so haben wir 2013 am Pfäffikersee das Open-Air «Aida» mit über 20‘000 Besuchern inszeniert. Nun, finanziell war der Anlass sicher kein Supererfolg, aber ich muss sagen, für mich war es der schönste Open Air Anlass, den ich je gesehen habe.
Und nach einem Abstecher ins Eventmaganagement hat dich irgendwann das Thema «Ticketing» so stark gereizt, dass du dich mit einer neuen Firma namens Tixtec zurück an den Start begeben hast.
Bereits in meinem letzten beiden Jahren bei Ticketcorner habe ich gespürt, dass die Eigenvermarktung im Ticketingbereich grosses Potential hat. Das Problem war, dass wir selbst in diesem Bereich nichts entwickeln konnten, weil wir sonst unser eigenes Geschäftsmodell kanibalisiert hätten. Die Überzeugung, dass heutzutage die meisten Veranstalter ihre Events problemlos selbst vermarkten können, hat mich aber nicht losgelassen und so wollte ich schlussendlich noch einmal antreten und den Tatbeweis erbringen.
Wie unterscheidet sich denn dein Ticketing-Konzept konkret von anderen Anbietern?
Der Hauptunterschied besteht darin, dass wir, im Gegensatz zu klassischen Anbietern, keine «Vertriebsleistung» verkaufen, sondern eine umfassende Vermarktungsplattform für alle möglichen Produkte wie Tickets, Abos, Merchandising, Gutscheine, Spenden, Mitgliedschaften zur Verfügung stellen. Dies wiederum führt dazu, dass der Veranstalter massiv weniger Provision auf seine Ticketingumsätze bezahlen muss und mit der integrierten CRM-Lösung jederzeit die volle Kontrolle über seine Daten, Finanzflüsse und Produkte behält.
Herkömmliche Anbieter würde nun darauf antworten, dass ja eben gerade die Vermarktung durch den Ticketing-Dienstleister der wesentliche Faktor für einen Veranstaltungserfolg ist...
Und genau das stelle ich eben in Frage. Ein Blick ins Ausland zeigt uns, dass viele Veranstalter aus Unterhaltung und Sport in der Zwischenzeit mit einer Eigenvermarktungs-Lösung arbeiten und somit Ticketing und Vermarktung voneinander trennen. International ist bei den grossen Veranstaltern eine klare Tendenz sichtbar, dass sie zukünftig das Ticketing selbst in die Hand nehmen wollen.
Man könnte also sagen, die Branche ist in Bewegung?
Wobei Bewegung eher untertrieben ist. Ich bin überzeugt, dass sich der Ticketmarkt weltweit, aber auch in der Schweiz, in den nächsten Jahren massiv verändern wird. Im letzten Oktober hat Live Nation als weltweit grösster Musikkonzern in Zürich eine Firma gegründet. Mich würde nicht wundern, wenn die Firma in Zukunft, gemeinsam mit ihrer Tochter «Ticketmaster», sowohl Veranstaltungen als auch Ticketvertrieb ihrer Künstler selbst in die Hand nehmen wird. Dies wiederum könnte gerade bei den herkömmlichen Veranstaltern und Ticketinganbietern ein mittleres Erdbeben auslösen. Das Gleiche gilt für die weltweite Nr. 2, die Anschutz Gruppe, welche mit AXS eine eigene Ticketingvermarktungslösung geschaffen hat oder der Good News-Besitzerin DEAG, welche mit myticket seit letztem Jahr eine eigene Vermarktungslösung betreibt.
Und was bedeutet der angesprochene Wandel für deine Firma?
Grundsätzlich bedeutet der angesprochene Wandel natürlich auch für uns mehr Wettbewerb. Aber egal wie sich der globale Ticketingmarkt schlussendlich verändert, sehen wir unser Tätigkeitsgebiet momentan eher in nationalen Sport- und Unterhaltungsevents. Ich gehe davon aus, dass diese für internationale Anbieter nicht ganz so interessant sein werden wie beispielsweise die grossen Acts im Hallenstadion.
So oder so liegt unser Fokus aber darin, noch mehr Veranstalter davon zu überzeugen, dass sie mit unserem Ticketingkonzept massiv Kosten sparen, neue Einnahmequellen generieren und jederzeit die volle Kontrolle über ihre Einnahmen behalten können.
Wie sieht denn eure Zwischenbilanz nach zwei Jahren Tixtec aus? Lassen sich die Veranstalter überzeugen?
Es ist sicher so, dass einige Veranstalter mehr Zeit brauchen als andere. Wir konnten aber in den letzten zwei Jahren rund 60 Veranstalter von unserem Angebot überzeugen, was uns Mut macht, dranzubleiben.
Wo siehst du dein Unternehmen in 5 Jahren?
Unser Ziel ist es, eine Alternative zu den grossen Playern zu sein. Wir wollen den Veranstaltern umfassende Vermarktungslösungen anbieten, die kostengünstig und unabhängig funktionieren. Wie unser Marktanteil in fünf Jahren aussieht, ist reine Spekulation, weshalb ich die Frage offen lassen möchte.
George Egloff, herzlichen Dank für das Gespräch.
George Egloff ist 53 jährig und gehört zu den Pionieren im Schweizer Live Entertainment Business. Während 20 Jahren war er Geschäftsführer der Ticketinganbieter Fastbox Ticketservice bzw. Ticketcorner. Seine Freizeit verbringt Egloff am liebsten auf dem Fahrrad oder in der Küche. Er ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und wohnt in Pfäffikon ZH.